Haushalt 2022: Rede des Fraktionsvorsitzenden Christian Jaensch
Sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher,
sehr geehrter Herr Bürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren Kollegen,
sehr geehrte Vertreter des Ausländerbeirats und des Jugendforums,
sehr verehrte Gäste,
im letzten Jahr hatte ich meine Rede damit begonnen, dass hinter uns das wahrscheinlich schwierigste Jahr der Nachkriegsgeschichte liegt, mit den erheblichsten Einschränkungen unseres täglichen Lebens, mit Einschränkungen von sozialen Kontakten und einschneidenden und nachhaltigen wirtschaftlichen Veränderungen, sowie Auswirkungen auf Arbeitsplätze, Bedarfe und Bedürfnisse, soziale und gemeindliche Einrichtungen.
Leider müssen wir alle feststellen, dass sich diese Umstände auch in dem nunmehr zurückliegenden Jahr fortgesetzt haben.
Die Pandemie ist weiter ursächlich für die erheblichen Einschränkungen unsere Lebensqualität mit erblichsten Folgen für die Gesundheit und wirtschaftliche Aspekte aller Menschen.
Auch weiterhin empfinde ich es erschreckend, wie schlecht die Organisation und Notfallplanung in unserem Land funktioniert, doch das ist ein anderes Thema.
Der Langener Stadtverwaltung hingegen will ich bescheinigen, dass diese Verwaltung funktional und weitestgehend bürgerfreundlich funktioniert. Konzepte wurden erarbeitet und umgesetzt.
Dafür will ich zuerst einmal Danke sagen.
Hinter uns liegt eine Bundestagswahl, die sich, obwohl es sich um eine Parteienwahl und deren Programme handelt, als Persönlichkeitswahl herausgestellt hat, mit einem Ergebnis, das viele verwundert haben wird. Inzwischen wurde der Koalitionsvertrag einer Ampelregierung unterzeichnet auf die nunmehr eine große Erwartungshaltung gesetzt wird.
Allerdings gehe ich davon aus, dass wir zwar als Bürger so manches Ergebnis dieser neuen Regierung verspüren werden, jedoch wenig Auswirkungen für die Langener Kommunalpolitik erfahren werden.
Der heute zur Abstimmung stehende kommunale Haushalt 2022 brachte zunächst eine erfreuliche Überraschung.
Der eingebrachte Haushalt schließt mit einem Defizit von 1,8 Millionen Euro. Dieses Defizit kann die Stadt in diesem Jahr aber ausnahmsweise durch die Entnahme aus der Rücklage ausgleichen, weil es der Stadt dank zunächst unerwarteter Gewerbesteuereinnahmen und den finanziellen Hilfen des Bundes und des Land Hessen möglich ist, auf eine Rücklage zurückgreifen.
Doch diese Freude wird für uns nur von kurzer Dauer sein, denn wie es bereits der Bürgermeister im Rahmen seiner Rede zur Einbringung des Haushalts dargelegt hat, ist die Rücklage endlich. Sie ist kein Füllhorn.
Beschlossen wurden von diesem Parlament – auch mit unseren Stimmen der FDP – erhebliche in Millionenhöhe liegende Investitionen unter anderem für den weiteren Ausbau von Kita- und Betreuungsplätzen und Sportstättenkapazitäten, Infrastrukturmaßnahmen und Verkehrsmaßnahmen und dabei handelt es sich nicht um Luxusinvestitionen, sondern ausschließlich um dringliche Maßnahmen, welche dem Grunde nach keinen Aufschub dulden oder solche deren Ablehnung zu einer langfristigen Abhängung Langens von unserem Umland führen würde.
Wie in jeder meiner Haushaltsreden wiederkehrend dargestellt, wird ein jeder Haushalt von Einnahmen und Ausgaben bestimmt.
Einnahmen werden aus Steuern und Gebühren, sowie Zuweisungen von Kreis, Land oder Bund getätigt. Die Ausgaben unterteilen sich in solche für Pflicht- und Freiwillige- Leistungen.
Steuerliche Einnahmen kann eine Stadt nur namhaft durch Grundsteuer und Gewerbesteuer versuchen zu steuern, wobei die Gewerbesteuer abhängig ist von nicht im Einflussbereich der Kommune liegenden Aspekten.
In den vergangenen Jahren wurde daher, der Pflicht zur Vorlage eines ausgeglichenen Haushalts folgend, die Grundsteuer jährlich, teils dramatisch erhöht.
Langen steht mit einem Hebesatz von aktuell 860 Punkten mit an der Spitze aller Kommunen in Hessen.
Wenn auch nur marginal und sicherlich in jedem Geldbeutel des einzelnen Steuerzahlers nur wenig bemerkbar und daher mehr symbolisches Signal aber dennoch sehr erfreulich ist, dass der vor uns liegende Haushalt eine Herabsetzung des Hebesatzes vorsieht um 5 Prozentpunkte. Ist dies doch die Einhaltung des Versprechens, die Herabsetzung im Auge zu behalten und zu beschließen, soweit dies möglich ist.
Nach unserem dafürhalten beinhaltet der Haushalt keine weiteren nennenswerten Einsparpotenziale, wenn man nicht zur Einstellung freiwilliger Leistungen kommen will, die letztendlich das soziale, kulturelle und sportliche Leben in Langen bedeuten.
Natürlich könnten Schwimmbäder und Bücherei geschlossen und Zuschüsse an Vereine und damit auch Sportstätten gekürzt werden. Das aber würde zu einem Zusammenbruch unseres sozialen, kulturellen und sportlichen Lebens führen.
Genauso ist es nicht möglich die Kosten der Betreuung und Ausbildung unserer Kinder zu minimieren.
Ja, und so mach eine Stimme wird aufschreien, dass wir mit dem Haushalt 2022 sogar wieder eine Erhöhung der Kitagebühren um 3 % beschließen. Den Kritikern aber sei gesagt, dass alleine die Personalkosten aufgrund tariflicher Erhöhungen um 1,8 % gleichzeitig steigen und die Stadt in Millionenhöhe den Ausbau der Kitaplätze vorantreibt, um die unerträgliche Warteliste abzubauen. Diese Erhöhung ist äußerst Maßvoll und notwendig. Ich kenne viele Familien, die einen weitaus höheren Betrag zu zahlen bereit wären, wenn sie denn nur einen Betreuungsplatz in der Kita hätten.
Und verstehen und interpretieren Sie mich nicht falsch. Auch ich und die FDP Fraktion würden es begrüßen, wenn Kinderbetreuung vollständig ohne Kosten für die Familien erfolgen würde. Das aber liegt leider nicht in unserer kommunalen Hand.
Dennoch bleibt es uns mit Blick auf den kommenden Haushalt kurz aufzuatmen, dass wir kurzfristig verschnaufen können, um uns den künftigen Mehreinnahmen zu widmen. Und diese müssen neben vielleicht neuen innovativen Einnahme-Ideen vor allem aus dauerhaft steigenden Gewerbesteuereinnahmen erfolgen.
Hierzu gehört neben dem Erhalt des ansässigen Gewerbes und Handwerks, eine gesunde Gewerbeansiedlungspolitik. Diese setzt eine mit Augenmaß zu betreibende Stadt- und Verkehrsentwicklung voraus, bzw. geht mit dieser einher.
Und ehe jetzt einer nach einer Erhöhung des Gewerbesteuerhebesatzes schreit, so entgegne ich gleich, dass dieses keinesfalls in Betracht gezogen werden sollte.
Denn „säge nicht an dem Ast auf dem Du sitzt.“
So gilt es zu verhindern, steuerzahlendes Gewerbe durch Abwanderung zu verlieren und gilt es weiter neues zukunftsorientiertes beständiges Gewerbe, z. B. aus den Bereichen Dienstleistung, Beratung, Industriellem Handel etc. in Langen ansässig zu machen.
In diesem Zusammenhang sollten wir auch an ein Start-Up Zentrum denken. Ich habe persönliche Kontakte zu einem in Saarbrücken-Dudweil entstehenden Modell – dem „DuDu Park“, wo ein ganzer Stadtteil zum Leben und Arbeiten nach dem Modell junger Menschen mit Ideen, von einer privaten Investorengruppe entwickelt wird in alten zuvor verlassenen und herunter gekommenen Gebäuden. Eine Idee die sich im „Kleinen“ vielleicht auf dem alten und in dem alten Scherer Gelände und Gebäude im übertragenen Sinne vorstellen ließe.
Jedenfalls werden zukünftig Innovationen gefragt sein. Ein „weiter so“ im Vertrauen auf herkömmliche steuerliche Einnahmen, wie in den letzten Jahrzehnten, wird uns stetig zurückfallen lassen. Wir haben keine Flächen, für große Unternehmen, die uns Millionensteuereinnahmen bringen werden. Bzw. bei zukünftigen Flächenausweisungen müssen wir mit Augenmaß agieren.
Weiterer Bevölkerungswachstum durch weitere Ausweisung von Wohngebieten wird uns jedenfalls nur schaden.
Die Verwaltung möchte ich an dieser Stelle auffordern uns in dem vor uns liegenden Jahr möglichst zeitnah ein Konzept vorzulegen, ob und wo, welche Flächen für Gewerbe ausgewiesen werden können und welche Art von Gewerbe dort angesiedelt werden soll, im Sinne einer langfristigen und nachhaltigen Planung.
Mit dem Schulträger soll abgestimmt werden, ob es nicht beispielsweise sinnhaft ist, ein Oberstufengymnasium zusätzlich zu dem Dreieichgymnasium in Langen zu realisieren.
Der Umsetzung des Ausbaus der B486 sehen wir weiter entgegen, genauso wie der Anbindung an die RTW.
Verkehrsinfrastrukturbedarfe und öffentlicher Nahverkehr werden sich in den kommenden Jahren verändern. Die Kreisverkehrsgesellschaft, der Hopper (auch wenn ich persönlich von dem System wenig überzeugt bin), der aber kommen und kosten wird, werden die ersten Maßnahmen sein, die wir erleben. Elektromobilität schreitet weiter voran und wird uns zumindest temporär über zukünftige Jahre hinweg begleiten. Ungeachtet der Frage nach der – meines Erachtens zweifelhaften – Ökobillanz eines Elektroautos und der benötigten Strommengen und der Frage woher wir diese beziehen werden, benötigen wir jedenfalls auch ausreichende Ladekapazitäten und zwar vor allem auch im öffentlichen Parkraum. Lassen Sie uns dies bei der aktuell zur Diskussion stehenden künftigen Gestaltung der Bahnstrasse und der dortigen Verkehre und Parkplatzsituationen nicht vergessen.
Allen Bemühungen zum Trotz wird Deutschland so schnell nicht eine Fahrradnation wie die Niederlande werden. Sicherlich wäre dies begrüßenswert, aber die strukturellen und kulturellen Unterschiede sind zu groß.
Meine Damen und Herren, da wir dieses Jahr die Haushaltsreden nicht in gesprochenem Wort vorbringen, um damit unseren Beitrag zu einem Pandemiekonformen miteinander zu leisten, danke ich jedem Leser, der es bis hier geschafft hat durchzuhalten.
Es wird Sie jetzt nicht überraschen, dass wir – die FDP Fraktion – dem Haushalt 2022 zustimmen werden.
Gleichzeitig mahnen wir jedoch schon heute, dass es keiner Glaskugel bedarf um zu erkennen, dass ein haushaltstechnisch schweres Jahr vor uns liegt und der Ausblick auf den Haushalt 2023 schon heute wenig Freude bereitet.
Dem vor uns liegenden Haushalt 2022 insgesamt stimmen zu.
Meine Damen und Herren, ich danke Ihnen für Ihre entgegengebrachte Aufmerksamkeit. Allen politischen Mitstreitern danke ich für die konstruktive Zusammenarbeit.
Schade, aber selbstverständlich ist es, dass wir auf den parlamentarischen Abend auch Anfang des Jahres 2022 verzichten werden, wenngleich dies grundsätzlich auch ein schöner Anlass ist, den vielen Ehrenamtlich tätigen in Langen Danke zu sagen und Wertschätzung gegenüber zu zeigen.
Seien Sie aber versichert, liebe Ehrenamtlich tätigen in den Vereinen und Organisationen, in den Hilfsdiensten, der Feuerwehr, den Ordnungshütern, den Mitarbeitern in und um den Gesundheitsdienst und allen stillen Helfern irgendwo. Ihnen allen gilt unser Dank für Ihre Leistungen, ohne die unser Gesamtsystem nicht funktionieren würde. Sie alle bringen Kraft und hoffentlich auch Freude auf und riskieren teilweise nicht selten Ihre Gesundheit zum Wohle anderen.
Mein besonderer persönlicher Dank gilt auch in diesem Jahr selbstverständlich den Mitarbeitern der Verwaltung, ganz besonders denjenigen der Betreuungseinrichtungen die an vorderster Front stehen und dennoch liebevoll und engagiert unsere Kinder betreuen und fördern. Das ist nicht selbstverständlich. Ganz besonders gilt mein Dank auch allen Verwaltungsmitarbeitern die uns zugearbeitet haben und allen die dazu beitragen, dass unsere Verwaltung funktionstüchtig bleibt, stellvertretend für Sie alle danke ich besonders den Damen des Gremienmanagements.
Uns allen und Ihnen wünsche ich von Herzen, in diesem Jahr erneut mehr denn je, eine gesegnete Weihnachtszeit und einen sorgenfreien Start in das neue Jahr. Bitte tun sie alles um gesund zu bleiben.
Vielen Dank.
Christian Jaensch
Fraktionsvorsitzender