Haushalt 2023: Rede des Fraktionsvorsitzenden Christian Jaensch

11.12.2022

Sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher,
sehr geehrter Herr Bürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren Kollegen,
sehr geehrte Vertreter des Ausländerbeirats und des Jugendforums,
sehr geehrte Vertreter der lokalen Medien,
sehr verehrte Gäste,

die Haushaltsreden sind eine geübte Praxis. Häufig werden sie zur Abrechnung mit dem politischen Gegner genutzt. In den vorangegangenen Jahren hatten wir uns pandemiebedingt darauf verständigt, die Reden ausschließlich schriftlich zu halten. In diesem Jahr kehren wir zurück zum mündlichen Vortrag.

Noch immer ist aber die pandemische Lage nicht ausgeräumt und dennoch hat sich vielerorts ein Weg zurück zur „Normalität“ gefunden.

Hinzugekommen ist jedoch das nächste Schreckensszenario, der Krieg in der Ukraine. Mit diesem Krieg einhergehend sind – aufgrund der Flüchtlingsströme – auf die Stadtverwaltung erhebliche weitere Aufgaben und Notwendigkeiten hinzugekommen.

Für jeden Bürger sind in Folge des Krieges erheblichste Kostensteigerungen auf nahezu allen Sektoren zu verspüren, vor allem aber im Bereich der Energie. Die mit Wohnraum zwingend verbundenen Betriebskosten steigen erheblichst, für viele über die Belastungsgrenze hinweg.

Angesichts des vielen Leids und der weiter bevorstehenden erheblichsten zusätzlichen finanziellen Belastungen der Bevölkerung, fällt es schwer den Fokus auf Finanzen und finanzielle Möglichkeiten der Kommune zu richten.

Dennoch müssen wir feststellen, dass die Stadt Langen auf Grund deren Haushaltslage, dem Beitritt zur Hessenkasse und der Genehmigungsnotwendigkeit des Haushalts durch die Genehmigungsbehörde gezwungen ist, jedes Jahr einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen, wonach die Ausgaben durch korrespondierende Einnahmen im Sinne der Haushaltsführung gedeckt sind.

Wenn die Einnahmen nicht reichen, sind also Einsparungen und Erhöhungen von Beiträgen Gebühren und Entgelten erforderlich, was die Bürger noch mehr belastet.

Und so können wir froh sein, dass wir den Haushalt 2023 angesichts der ohnehin bereits erheblichsten allgemeinen Belastungen für die Bürger derart gestalten konnten, dass er mit nur mäßigen Erhöhungen und wenig Einsparungen bei freiwilligen Leistungen verbunden ist.

Angesichts der bereits überaus hohen Grundsteuer in Langen, die alle Bürger gleichermaßen trifft und daher weitere Grundsteuererhöhungen nicht vertretbar sein können, wird bei der künftigen Haushaltsplanung ein Umdenken erfolgen müssen.

Konkrete Nutzer und Nutzergruppen werden stärker in die Pflicht genommen werden müssen. Die Grundsteuer, welche alle Bürger gleichermaßen trifft, kann nur einen Sockelbeitrag der Solidargemeinschaft darstellen. Sicherlich von Maßnahme zu Maßnahme in unterschiedlichen Höhen, aber darüber hinausgehende Kosten werden stärker nutzerbezogen zu tragen sein.

Für das Jahr 2023 konnten wir ohne derartige Maßnahmen auskommen. Zwar werden die in Ansatz gebrachten Ausgaben deutlich höher sein, als die kalkulierten Ausgaben, dennoch erlaubt uns der Kunstgriff – nämlich der Rückgriff auf die gebildeten Rücklagen – einen dennoch ausgeglichenen Haushalt auszuweisen.

Dass dies keine glückliche Situation und Betriebswirtschaftlich betrachtet noch immer eine Katastrophe darstellt, versteht sich von selbst. Denn die Rücklagen sind endlich und wir wissen schon heute, dass diese bei Fortschreibung eines derartigen Vorgehens spätesten bereits im Haushaltsjahr 2025 bzw. 2026 aufgebraucht sein werden.

Bei der Aufstellung des Haushalts 2023 war zunächst von einem Jahresdefizit von ca. 4,7 Mio.  Euro ausgegangen. Dies stellt eine Defiziterhöhung von ca. 3 Mio. Euro zum Haushalt 2022 dar.

Unter Berücksichtigung dessen, dass der Haushalt hinsichtlich seiner fixen Kostenfaktoren für Personal, alle Arten an Kinderbetreuungen, Schulumlage, Senioren- Jugendarbeit und Tätigkeiten für unsere ausländischen Mitbürger, sowie alle freiwilligen Leistungen (Volkshochschule, Schwimmbäder, Sporthallen, Sportliche- und Kulturelle Einrichtungen, Ehrenamtsunterstützung etc.) seit Jahren kein nennenswertes Einsparpotenzial mehr beinhaltet, ausgenommen, man wollte derartige Leistungen komplett streichen, müssen wir uns schon heute der Wahrnehmung stellen, dass wir künftig deutliche Mehreinnahmen generieren müssen und zwar in einer Größenordnung von ca. 4 Mio. Euro jährlich.

Weiter zu berücksichtigen ist, dass aufgrund des massiven Schulausbaus künftig auch die Schulumlage deutlich steigen wird, Tariflohnerhöhungen deutlich zu Buche schlagen werden und auch die Kreisumlage zur Finanzierung des Hoppers massiv steigen wird.

Bereits getroffene Beschlüsse im Hinblick auf bauliche Anlagen zur Kinderbetreuung und des Sportstättenbedarfs werden unsere künftigen Haushalte ebenso nachhaltig finanziell belasten. Ich kritisiere diese Beschlüsse nicht. Ich will nur verdeutlichen, dass wir künftig noch höhere Ausgaben zu bewältigen haben werden.

Vor diesem Hintergrund müssen wir schon heute dazu Mahnen, bei allen künftigen Beschlüssen des Parlaments, mit Weitblick auf finanzielle Belastungen, finanzielle Entlastungen und wirtschaftlich zu generierende Mehreinnahmen zu achten.

Da wird auch nochmals die Frage nach Nutzen und Notwendigkeit einer Straßenbahn zu stellen sein.

Die Stadt, der Stadtkern, die Gewerbe der Nahversorgung müssen für alle Bürger, gleich wie alt oder jung und gleich wie gut sie zu Fuß sind bequem und sicher erreicht werden können, und ich sage es an dieser Stelle deutlich, dies wird mit einer Vertreibung des Autoverkehrs, durch unkomfortable Ampelschalungen und künstliche Parkplatznot nicht erreichbar sein, wenn Langen für die ansässigen Gewerbe, Sport und Kulturanbieter lukrativ bleiben soll.

Die Ausweisung von Gewerbegebieten wird zwingend erforderlich werden und dabei ist die Planung und Umsetzung der Vergabe dieses Mal dann zwingend in der Hand der Verwaltung zu belassen und nicht auf Dritte Investoren zu übertragen. Bei jeder zu vergebenden Flächeneinheit wird genau – unter Durchführung einer transparenten Kosten-Nutzen-Rechnung – hingeschaut werden müssen, ob sich die Vergabe an den betreffenden Interessenten lohnt und ob und ab wann er – auch unter Berücksichtigung von anfänglichen Abschreibungen – zu in Langen verbleibenden Steuereinnahmen beitragen wird. Fremdunternehmen, welche nicht dauerhaft verläßlich Ihren steuerlichen Sitz in Langen haben, werden dafür nicht mehr in Betracht kommen.

Langener Gewerbe, Handwerk und Dienstleister müssen Platz finden können und es gilt auch Reserven für gleichlautende Unternehmungen, für die kommenden Jahre bereit zu halten.

Wir werden diesbezüglich ein waches Auge haben, dass wir, wenn wir noch einmal in den Genuss kommen können, entsprechende Flächen auszuweisen, nicht dieselben Fehler machen wie bei dem Gebiet der Liebigstraße und – ja, ich wage es auszusprechen, im Gebiet des ehemaligen Kronenhofes -.

Und weiter sind auch alternative weitere Einnahmequellen zu erschließen. Nochmals Innovationen sind hier gefragt.

Wir haben uns in diesem Jahr sehr einvernehmlich mit dem vor uns liegenden kommenden Haushalt beschäftigt. Lediglich bezogen auf das Haushaltssicherungskonzept war offenkundig nicht jedem hier im Hause klar, welche Konsequenzen sein zuerst angedachtes Abstimmungsverhalten mit sich gebracht hätte. Aber auch diese Problematik konnten wir durch einen Vorschlag von FDP und CDU in letzter Sekunde noch gerade ziehen.

Wie bereits dargestellt, werden künftig die jeweiligen Nutzergruppen noch stärker in die Pflicht genommen werden müssen. Es wird künftig kaum etwas billiger, aber vieles für einzelne teurer werden, wenn Langen seine Selbstbestimmtheit nicht verlieren und die freiwilligen Leistungen nicht gänzlich einstellen will.

Ich bitte Sie dies schon heute, gleich welchem Wählerklientel jede einzelne Fraktion zuzuordnen ist, bei künftigem Handeln und Einbringung von Anträgen und dem Abstimmungsverhalten zu berücksichtigen.

Aufgrund der erkennbaren Bemühungen nahezu aller hier im Haus konnten wir bereits in der vorangegangenen Stadtverordnetensitzung dem Haushalt 2023 und dem Haushaltssicherungskonzept unsere Zustimmung erteilen und wiederholen dies heute wieder.

Gleichzeitig mahnen wir jedoch schon heute an, dass der Ausblick auf den Haushalt 2024 schon heute wenig Freude bereitet.

Dem vor uns liegenden Haushalt 2023 insgesamt stimmen zu.

Meine Damen und Herren, ich danke Ihnen für Ihre entgegengebrachte Aufmerksamkeit. Allen politischen Mitstreitern danke ich für die konstruktive Zusammenarbeit.

Allen ehrenamtlich tätigen, in den Vereinen und Organisationen, in den Hilfsdiensten, der Feuerwehr, den Ordnungshütern, den Mitarbeitern in und um den Gesundheitsdienst und allen stillen Helfern irgendwo, danke ich für Ihre Leistungen, ohne die unser Gesamtsystem nicht funktionieren würde. Sie alle bringen Kraft und hoffentlich auch Freude auf und riskieren teilweise nicht selten Ihre Gesundheit zum Wohle anderen.

Mein besonderer persönlicher Dank gilt auch in diesem Jahr selbstverständlich erneut den Mitarbeitern der Verwaltung. Stellvertretend für Sie alle danke ich besonders den Damen des Gremienmanagements.

Uns allen und Ihnen wünsche ich eine gesegnete Weihnachtszeit und einen sorgenfreien Start in das neue Jahr.

Vielen Dank. 

Christian Jaensch
Fraktionsvorsitzender