Haushalt 2026: Rede des Fraktionsvorsitzenden Christian Jaensch

Sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher,
sehr geehrter Herr Bürgermeister,
sehr geehrte Damen und Herren Kollegen,
sehr geehrte Vertreter des Ausländerbeirate und des Jugendparlaments,
sehr geehrte Medienvertreter, sehr geehrte Besucher,
Üblicherweise werden die Haushaltsreden zur Abrechnung mit dem politischen Gegner genutzt.
Wenn ich dies voranstelle, dann ist meine Rede jetzt bereits zu ende, denn ich will Ihnen allen, oder zumindest den meisten von Ihnen bestätigen, dass wir, trotz unterschiedlicher Sichtweisen und trotz unterschiedlichen Priorisierungen, im Interesse der Kirchturmpolitik in diesem Jahr sehr gut zusammengearbeitet haben.
Es gibt in Langen keine klaren von vornherein feststehenden Mehrheiten und gerade deswegen hat von Thema zu Thema eine gute Auseinandersetzung mit den Einzelthemen stattgefunden.
Dass sich im finalen Abstimmungsergebnis nicht zwingend jeder wiederfindet, liegt in der Natur der Sache.
Vor dem Hintergrund der bevorstehenden Kommunalwahlen darf es uns jedoch Mut geben, dass sich auch mit veränderten Stimmanteilen eine gesunde Politik für Langen fortsetzen lässt.
Gleichzeitig hoffe ich, dass auch weiterhin die gesunde Mitte mit wenig radikalen und oder fundamentalistischen Gedankengut dieses Haus prägen wird.
Aber das liegt ja jetzt erst einmal noch in der Zukunft, genauso, wie die bevorstehende Bürgermeisterwahl, von der ich auf eine rege Beteiligung hoffe.
Ich mache keinen Hehl daraus, dass ich alle drei Kandidaten sympatisch finde und jeder seine ganz eigenen Qualitäten völlig unterschiedlicher Art mit bringt, genauso wenig mache ich einen Hehl daraus, dass ich ganz persönlich und mit mir meine Fraktion einen klaren Kandidaten befürworten. Hier und heute in diesem Gremium eine Wahlempfehlung abzugeben dürfte sich jedoch erübrigen.
Dies ungeachtet des guten politischen Stils vor allem auch deswegen, weil es heute um das Thema Haushalt und damit die politische Zukunft aus Sicht der Stadtverordneten Versammlung geht.
Zur Verabschiedung steht der Haushalt für das Jahr 2026.
Dass es sich auch in diesem Jahr um keinen ausgeglichenen Haushalt handelt, dürfte niemanden überrascht haben.
Überraschend war jedoch das Ergebnis mit einem Rekorddefizit in Höhe von ca. € 18. Mio.
Eine Besonderheit und sicherlich auch eine Überraschung bei der Einbringung des Haushalts durch den Bürgermeister in das Parlament am 18.09.2025 war, oder eigentlich muss ich sagen, bei dem Versuch der Einbringung war, dass die FDP Fraktion gemeinsam mit FWG NEV und SPD dafür gestimmt hatten, den entsprechenden TOP von der Tagesordnung nehmen zu lassen und diesen zurück zu weisen.
Hintergrund dieser Handlung, und da kann ich nur für die FDP Fraktion sprechen,
war nicht eine behauptete Absprache der FDP mit den anderen Fraktionen, diese waren ganz offensichtlich selber überrascht, dass sie Unterstützung der FDP erhielten
und es war auch nicht der Umstand, dass die CDU Fraktion an diesem Abend nicht vollständig war und daher mit einer Stimme Mehrheit das Ansinnen durchgesetzt werden konnte.
Hintergrund war vielmehr, dass wir ein deutliches Zeichen setzen wollten, wonach wir erwartet hätten, dass seitens Magistrat und Verwaltung eigene inhaltliche Ideen präsentiert werden, wie dieses Defizit durch eigene konkrete Maßnahmen innerhalb der einzelnen Fachbereiche verringert werden können würde.
Auch hätten wir uns gewünscht, vorher in kleiner Runde ein gemeinsames Gespräch zu führen und auszuloten, welche Möglichkeiten und gemeinsame Nenner gefunden werden könnten. Inzwischen gab es auch Gespräche.
Selbstverständlich war uns bekannt, dass der Ausgleich des Haushalts durch die Entnahme aus der Rücklage erfolgen können würde. Es war auch erkennbar das genau dies vorgeschlagen werden würde.
Aber dennoch musste die Frage bestehen bleiben, ob dies das Mittel der Wahl sein darf.
Im Ergebnis haben wir dann die Einbringung nicht weiter verhindern wollen. Die notwendige Sensibilisierung war nun erreicht.
Und jetzt standen wir dennoch – hier alle im Haus – vor der Frage, wie mit diesem enorm defizitären Haushalt umgegangen werden soll.
In Betracht kamen drei Scenarien:
- Ablehnung des Haushalts
- Ausgleich durch andere Mittel als die Rücklage, was defacto eine Grundsteuererhöhung bedeutet hätte
- Billigung der Entnahme aus der Rücklage.
Die Billigung der Entnahme aus der Rücklage ist auf den ersten Blick nur ein Verschieben des Problems auf das nächste Jahr.
Ausgleich durch Grundsteuererhöhung will ich uns erst gar nicht ausrechnen. Aber Ausgleich eines Defizits von € 16. Mio. würde eine Grundsteuererhöhung von mehr als 1.000 Punkten bedeuten.
Die Ablehnung des Haushalts würde dazu führen, dass freiwillige Leistungen einzustellen wären und notwendige Verträge nicht geschlossen bzw. aufrechterhalten werden könnten.
Die Ablehnung stellt, gerade vor dem Hintergrund, dass wir in den letzten Monaten und Wochen und in wirklich mühevollster Arbeit dieses Jahres, die strukturelle Neuausrichtung der Musikschule und deren Erhalt, erarbeitet hatten, kein tragfähiges Vorgehen dar. Wäre doch gerade auch die Musikschule davon betroffen worden und dann wäre tatsächlich deren Untergang besiegelt worden, der fälschlicherweise von einzelnen Personen dieses Hauses scheinbar als Gerücht in die Welt gesetzt und verbreitet wurde. Aber dazu noch später.
So blieb nur die Frage Grundsteuer oder Entnahme aus der Rücklage.
Im Ergebnis überwiegt die Hoffnung, dass angesichts der in nahezu allen Kommunen gleichermaßen vorherrschenden Problematiken Hilfe von Bund und Land kommt, im Hinblick auf die Neuregelung der kommunalen Haushaltssituationen.
Es mag sein, dass diese Hilfe nicht kommt, dann müssen wir im nächsten Jahr den Tod der Grundsteuer sterben.
Es bleibt aber auch die Chance innerhalb der nächsten 12 Monate ein Umdenken in der Einnahmen und Ausgabenpolitik zu beschreiten.
Wir für unseren teil haben zwei Anträge auf den Weg gebracht, die in diese Richtung gehen.
Zum einen Mut dazu zu sagen, wir können und wollen uns eine Straßenbahn in Langen nicht leisten und wir zumindest können und wollen ein derartiges Monstrum auch nicht in unseren Stadtbild vorstellen, zumal der vermeintliche Verkehrsflownutzen, so er denn überhaupt besteht auch alternativ anders bewerkstelligt werden kann.
Wir wollen, dass dieses Haus erklärt, dass von der gegenwärtigen Beschlusslage abgerückt und der Fortbestand des Projekts eingestellt wird.
Auch haben wir angeregt und einen Antrag eingebracht zu einer deutlichen Umstrukturierung der Stadtbücherei und des damit verbundenen Personalbedarfs. Mehr Unterstützung durch Ehrenamt, Senioren, Studenten, geringfügig Beschäftigte, wir werden sehen wie sich dieses Ansinnen entwickelt.
Dies sind nur zwei Signale zur Sensibilisierung, dass es in vielen Bereichen den Mut zum Nein benötigt und den Mut sich neu zu erfinden.
Im Ergebnis haben wir dem Haushalt zugestimmt, weil wir Hoffnung haben, schlimmeres verhindern zu können.
Kommen wir kurt und prägnant noch einmal zur Musikschule.
Wir alle hier im Haus wollen den Erhalt der für höchste Qaulität bekannten Langener Musikschule. Kein Einziger hier im Haus hat das jemals anders zum Ausdruck gebracht.
Es gab deutliche Meinungsverschiedenheiten zwischen Parlament und Verwaltung, aber das Ansinnen des Fortbestandes mit den selben Lehrern und den selben Schülern stand nie in Frage.
Konzepte standen zur Diskussion und Preiskalkulationen auch, aber niemals der Bestand.
Die rechtliche Hülle stand in der Diskussion, die Frage der Einflussmöglichkeiten des Parlaments standen zur Diskussion, auch die Frage der finanziellen Ausgestaltung einer GmbH. Aber niemals stand zur Diskussion, dass eine neu zu gründende Gesellschaft bereits mit Ihrer Gründung zur Insolvenz verdammt sei.
Wer derartige Buschfunkmeldungen verbreitet, der
- und da gehe ich jetzt ganz bewußt auch das Risiko ein, dass eine Ältestenratssitzung einberufen wird und ich eine Ermahnung oder was auch immer erhalte
aber der der das streut und behauptet und damit Verunsicherung bei Schülern, Lehrern und Bevölkerung streut und gestreut hat, der Lügt.
Ich erspare uns jetzt allen den Exkurs in den mir bestens bekannten Gesellschaftsvertragstext und auch den Ausflug in das Gesellschaftsrecht.
Aber Gesellschafter ist die Stadt Langen, damit ist auch geregelt, dass das Personal tariflich bezahlt wird. Damit ist auch geregelt, dass es, sollten die finanziellen Mittel nicht ausreichen, es an diesem Haus, der Stadtverordnetenversammlung liegt, Nachschüsse zu genehmigen. Und niemand will schon heute sehenden Auges das Geld für Gründung und Ausstattung verbrennen. Ganz im Gegenteil, wir sind stolz auf unsere Musikschule und wollen, dass sie erhalten bleibt.
Es ist aber legitim, auch angesichts der finanziellen Situation des Haushalts über Konzepte zu sprechen.
Und ich möchte hier noch betonen, mein vorstehender Angriff richtet sich nicht gegen die SPD, die zwar eine andere politische Meinung diesbezüglich vertritt, aber in politisch anständigen Ton agiert.
Und da komme ich zum Stichwort des politischen Tons.
Es ist nicht neu, dass ich mich hier vorne positiv zum Kiesausbau am Waldsee äußere. Und es ist auch nicht neu, dass sich die FDP Fraktion in regelmäßigen Abständen vor Ort von den Renaturierungsständen überzeugt und in einem positiven Austausch mit der Geschäftsleitung vor Ort steht.
Ich akzeptiere durchaus auch die gegenteilige politische Auffassung und auch Argumente des Umweltschutzes.
Da muss jeder für sich seine eigene Abwägung treffen.
Was ich aber nicht akzeptiere ist, dass sich – ich nenne sie staatsfeindliche Gesinnungen – in gewaltsamen Protest gegen Sachen und Menschen richten und Schaden anrichten, den wir als Stadt zu zahlen haben.
Sachbeschädigungen, die in der Folge eine Gefahr für das Leben von Menschen bedeuten und Maßnahmen die ich als Anschlag auslege sind nicht akzeptabel und ich empfinde es als schmutzig, wenn dann von der Aktion als solcher verniedlichend als „Banny“ gesprochen wird.
Und ich erwarte eigentlich von jedem hier, dass er sich von derartigen Aktionen und Aktivisten distanzierend äußert und ich bis sicher, ich spreche hier für nahezu – und ich sage bewußt nur nahezu – alle im Haus zu sprechen.
Da wir vor der Kommunalwahl stehen wünsche ich uns ein Wahlergebnis mit dem wir auch in Zukunft, die Zukunft Langens sicher und liebevoll gestalten können.
Ich wünsche und erwarte eine Mehrheit für ein rechtsstaatliches Miteinander.
Ich denke mit der Verabschiedung des Haushalts geben wir – auch wenn wir noch eine Sitzungsrunde zuvor haben – auch dem zukünftigen Parlament eine vernünftige Handlungsgrundlage, für weitere Impulse.
Daher bitte ich auch diejenigen, die noch keine Zustimmung erteilt haben, dem Haushalt zuszustimmen.
Ich danke allen politischen Mitstreitern für die konstruktive Zusammenarbeit im abgelaufenen Kalenderjahr.
Ich danke auch den politischen Vertretern des Ausländerbeirats und des Jugendparlaments für ihr Interesse und ihre politische Mitarbeit.
Ein besonderer Dank gilt den vielen ehrenamtlich Tätigen, den Vereinsvertretern und allen die auch mit eventuell kleinen Beiträgen im Stillen dazu beitragen, dass Langen lebenswert ist und bleibt, sowie denjenigen die zu unserer Daseinsvorsorge beitragen, hierzu stellvertretend den Mitarbeitern der Feuerwehr und den Mitarbeitern des Konzerns Stadt.
Letztlich danke ich den Mitarbeitern der Verwaltung für die diesjährige Zusammenarbeit und das konstruktive Miteinander.
Besonders Danke ich den Damen des Gemienmanagements die uns wiederkehrend hervorragend unterstützen.
Vielen Dank.
