Kita-Wartelisten: „Soziale Infrastruktur hinkt Einwohnerzahl hinterher“
Junge Familien ziehen nach Langen; die Wartelisten der Kinderbetreuung in den Krippen und Kindergärten sorgen für Frust bei den Eltern und für Kopfzerbrechen bei den kommunalen Verantwortlichen.
Langen – Was aber ist in ein paar Jahren – wenn die heutige Problematik sich im Schulbereich wiederfindet? Das fragt die Langener FDP. Sie hat die Thematik jüngst erstmals mit Leuten vom Fach – Schulleitern und Fördervereins-Vertretern – erörtert. „Gegenwärtig reagiert die Kommunalpolitik auf aktuelle Probleme in den Kitas, die vor uns liegenden Probleme im Bereich der allgemeinen Grundschulversorgung und der Schulkinderbetreuung an den Grundschulen werden jedoch nicht aktiv behandelt“, stellt der Stadtverordnete Dr. Mathias Rhiel fest, der die Liberalen im Sozialausschuss vertritt. „Die berufliche Situation vieler Eltern beruht auf verlässlicher Kinderbetreuung. Auch nach dem vollendeten sechsten Lebensjahr benötigen sie Planungssicherheit“, sagt Fraktionsvorsitzender Christian Jaensch.
Im Rahmen des jüngsten „Treffpunkt Liberal“ haben Fraktion und Ortsverband mit Vertretern der Fördervereine und Grundschulleitern die Handlungsfelder ausgelotet. „Bedarf an Betreuungsplätzen gibt es seit 1993“, berichtet Max Leonhard, Leiter der Ludwig-Erk-Schule. „Wir haben damals als erste Schule mit circa 13 Kindern angefangen. Erst war alles ehrenamtlich, heute ist es Teil unseres Dienstauftrags.“
Derzeit werden in Langen täglich mehr als 550 Kinder über die Zeit des Schulunterrichts hinaus betreut, „mehr als jedes dritte Kind“ (Leonhard). „Es ist wie eine kleine Firma“, sagt Christine Klich, Vorsitzende des Fördervereins der Sonnenblumenschule. Bei den etwa 120 Mitarbeitern handelt es sich um Fachpersonal wie Sozialpädagogen, Erzieher und Erziehungswissenschaftler. „Wir beschäftigen auch Studenten, die früher selbst schon bei uns betreut wurden“, so Klich.
Gemeinhin ist von Nachmittagsbetreuung die Rede, jedoch beginnt die Betreuung bereits ab 7.30 Uhr vor dem Unterricht. Das Betreuungsangebot reicht von der Aufsicht beim freien Spielen über Hausaufgaben, Sprache und Sport bis zum gemeinsamen Mittagessen. „Bei dieser Bandbreite arbeiten die Schulen mit den Fördervereinen Hand in Hand“, betont Manuela Mück, Leiterin der Geschwister-Scholl-Schule.
Langen: Auch bei Schulkinderbetreuung große Nachfrage
Wie bei den Kitas sei bei der Schulkinderbetreuung schon jetzt die Nachfrage größer als das Angebot, wodurch es eine Warteliste gibt. Das Problem: Um mehr Kinder betreuen zu können, fehlt es schlicht an Platz, denn Klassenräume können nachmittags nur bedingt oder gar nicht genutzt werden. „Insbesondere die Speiseräume sind der Flaschenhals“, urteilt Max Leonhard. Manuela Mück schildert die Praxis an ihrer Schule: „Wir können nur für 110 Kinder Essen ausgeben. Unsere Kinder essen jetzt schon im Drei-Schicht-Betrieb.“ Unterm Strich seien die Langener Schulen räumlich auf die Betreuung von 582 Kindern limitiert.
„Das jetzt schon auftretende Problem von zu wenig Betreuungsplätzen wird durch Platzsharing abgemildert“, erläutert Klich. „Aber gerade im Winter ist die Raumsituation schwierig, weil weniger Außenaktivitäten möglich sind“. Leonhard ist sich sicher: „Die stärker werdenden Jahrgänge bringen auch einen höheren Betreuungsbedarf mit sich – ab 2020 werden wir das Problem einer länger werdenden Warteliste haben.“
Langen: FDP fühlt sich bestätigt
Aufgrund dieser Einschätzungen fühlt die FDP sich in ihrer Befürchtung bestätigt. „Die soziale Infrastruktur in Langen ist nicht in gleichem Maße gewachsen, wie die Einwohnerzahl – sie hinkt hinterher“, konstatiert Rhiel.
Angesichts der Tatsache, dass die Grundschulen Angelegenheit des Landkreises sind, scheinen kommunalpolitische Handlungsfelder erst einmal limitiert. Hinzu kommt, dass die Schulkinderbetreuung direkt auf dem Schulgelände stattfinden muss. An der einen oder anderen Schule sind noch Handlungsspielräume beziehungsweise Optionen zur Erweiterung vorhanden – Politik und Verwaltung werden diese über kurz oder lang abzuklopfen haben, sind Langens Liberale überzeugt.
„Wir werden weiterhin mit den Fördervereinen und Langener Grundschulen in Kontakt bleiben“, betont Rhiel. „Wir möchten aktiv auch mit unseren politischen Mitbewerbern darüber nachdenken, welche kommunalpolitischen Optionen gezogen werden können, um eine Wartelisten-Problematik ähnlich wie bei den Krippen- und Kindergartenplätzen zu verhindern.“
Nicht zuletzt wolle man in diesem Zusammenhang mit der Kreisverwaltung in den Dialog treten, um die Raumsituation bei der Schulkinderbetreuung zu erörtern.
hob
Aus der Langener Zeitung vom 02.12.2019 (Link)