Haushalt 2025: Rede des Fraktionsvorsitzenden Christian Jaensch

12.12.2024

Sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher,
sehr geehrte Damen und Herren Kollegen,
sehr geehrte Vertreter des Ausländerbeirats und des Jugendparlaments,
sehr geehrte Medienvertreter, sehr geehrte Besucher,

Zur Verabschiedung steht der Haushalt für das Jahr 2025.

Dass es sich auch in diesem Jahr um keinen ausgeglichenen Haushalt handelt, dürfte niemanden überrascht haben, als dieser am 19. September durch unseren Bürgermeister zur weiteren Beratung eingebracht wurde. Bereits seit mehreren Jahren kämpfen wir und müssen die Situation stemmen weitaus höhere Ausgaben als Einnahmen zu haben.

Einen Privathaushalt oder ein Unternehmen der Privatwirtschaft würde man als überschuldet und insolvent bezeichnen. Im staatlichen Apparat aber lässt sich diesen Problem – vermeintlich – mit

einem einfachen Mittel lösen, nämlich weiterer Kreditaufnahmen. Weil das aber die zukünftigen Generationen – unsere Kinder – auf Dauer belastet, hat der kommunale Gesetzgeber dem einen Riegel vorgeschoben und die jeweiligen kommunalen Aufsichtsgremien und Behörden angewiesen, die kommunalen Haushalte unter Genehmigungsvorbehalte zu stellen. Die Genehmigung aber wird nur erteilt, wenn eine Haushaltskonsolidierung zu erkennen und festgeschrieben ist und sich Einnahmen und Ausgaben, vereinfacht gesagt – decken. Zur Überbrückung wird uns Kommunen u.a. das Mittel eines Haushaltssicherungskonzeptes oder auch einer Nachhaltigkeitssatzung an die Hand gegeben, mit denen Konsolidierungspfade festgeschrieben werden.

Warum erzähle ich das hier, wir Stadtverordnete wissen dies alles natürlich, beschäftigen wir uns doch im Rahmen unseres politischen Handelns schon seit Jahren mit dieser Problematik.

Ich spreche es deshalb an, weil heute hier im Raum politisch und gesellschaftlich interessierte Zuhörer sitzen, die als Multiplikatoren dieses Wissen mit in die Bevölkerung Langens tragen können und dadurch dazu beitragen können, dass die künftigen Sparbemühungen und und finanziell zunehmenden Belastungen besser verstanden werden können und nachvollziehbar wird, dass es keine anderen Wege geben wird.

Aus Sicht des Bürgers, jammert die Stadt zwar seit Jahren darüber finanziell am Ende zu sein und doch erscheint aus Bürgersicht doch dennoch alles so weiterzugehen wie bisher.

Alle Schwimmbäder, die Stadthalle, die Sporthallen und Sportplätze und kulturellen Angebote sind noch immer existent und auch sonst ist kaum etwas von der Bildfläche verschwunden, was uns lieb und heilig ist. Ja Gebühren und Nutzungsentgelte sind erhöht worden, Zuschüsse sind geringer ausgefallen, aber existent ist alles geblieben.

Und dennoch, so kann und wird es jetzt eben nicht mehr weitergehen können.

Das prognostizierte Haushaltsdefizit steigt bis in das Jahr 2028 von heute ca. 12,8 Mio. auf€ 34. Mio. und vor diesem abzeichnenden Hintergrund war und ist Handeln gefragt.

Aus diesem Grund haben wir uns das Jahr über mit der Frage und Einführung einer Nachhaltigkeitssatzung beschäftigt. Die Regelungen einer Nachhaltigkeitssatzung, die freiwillig beschlossen wird, sind strenger als Regelungen im Haushaltsrecht. Sie hate dem Grunde nach einen doppischen Charakter und legt den Fokus auf die Kommunalschuldenbremse mit einem „Generationenbeitrag“, als Sonderabgabe. Diese Sonderabgabe soll sicherstellen, dass das ordentliche Ergebnis dauerhaft ausgeglichen ist und unsere nachfolgenden Generationen nicht nur Schulden erben und abzutragen haben.

Warum erkläre ich das hier, weil ich alle Interessengruppen, die ich jede einzelne aus ihrer Sicht mit ihren Ansinnen verstehen kann, aber dennoch sensibilisieren will, dass jeder von uns Stadtverordneten zwar Verständnis für Ihre Bedürfnisse und Wünsche hat, wir diese aber weder kurz, noch mittelfristig sämtlichst erfüllen können werden und im Interesse aller Bürger und im Interesse unserer Kinder, die eines Tages unsere Schulden tragen und abbauen müssen, verpflichtet sind sorgsam und sparsam zu haushalten.

Wir müssen Prioritäten setzen und das bedeutet einerseits Bedürfnisse einzelner Gruppen zurückzuweisen oder zusammen zu kürzen und andererseits einzelne Nutzergruppen stärker in die finanzielle Belastungsbeteiligung zu nehmen. Ja, und auch Angebote müssen zurückgefahren und verringert werden, soweit sie nicht kostendeckend sind … und kostendeckend ist in einer Kommune rein gar nichts.

Als ich vor mehr als 25 Jahren in die parlamentarische Arbeit eingestiegen bin, da war ich beseelt von dem Gedanken, meine Heimatgemeinde voranzutreiben, nachhaltig weiter zu entwickeln, um

selbst hier glücklich und zufrieden mit vielschichtigen Angeboten leben zu können und eben dies für meine Kinder und die nachfolgenden Generationen ebenso zu sichern. Leider bin ich politisch aber in eine Generation .hineingeboren“ in der ich vornehmlich politischen und parlamentarischen Frust verarbeiten muss. Und dabei meine ich nicht den Frust, dass andere Parteien, bzw. andere

Fraktionen andere Prioritäten sehen, sondern vielmehr den Frust, dass der Staat, der Bund und das Land uns Kommunen immer mehr abverlangt und gleichzeitig keine wirklich adäquaten finanziellen Ausgleiche schafft. Ich bin vor allem auch deshalb frustriert, weil Bundesund Landespolitik dem einzelnen Bürger eine Sicherheitsgarantie vorgaukelt die gar nicht gegeben und im Einzelfall auch nicht erfüllbar ist.

Stellvertretend möchte ich hier beispielsweise, weil es plastisch ist und irgendwie jeden betrifft, die Kinderbetreuung anführen. Da wird gesetzliche eine Betreuungsgarantie gegeben, die Erfüllung dieser Garantie aber auf das kleinste Rad im System, nämlich die Kommunen, übertragen, wissentlich, dass diese weder finanziell, noch personell oder räumlich dazu in der Lage sind. Eltern und Kinder bleiben auf der Strecke, weil Betreuungsplätze trotz „Garantie“ eben nicht da sind und sich auch personell gar nicht schaffen lassen. Gleichzeitig werden die Ansprüche und Voraussetzungen durch Gruppenstärkeschlüssel, lnklussionsbedarfe etc. angehoben und weitere Personalverknappungen betrieben.

Warum wird nicht die Kinderbetreuung in das System der Schulen ähnlich der Primary in anderen Ländern integriert, verbindlich, verpflichtend und für den Nutzer kostenfrei, wie der Besuch der staatlichen Regelschulen, in der Verantwortung der Länder. Dann wären die Garantien etwas wert

und die Kommunen in der Lage sich zu entwickeln und Angebote an die Bürger zu tätigen. Ist doch der Block der Kinderbetreuungskosten so ziemlich der größte Kostenblock im städtischen Haushalt.

Aber werfen wir einen kurzen Blick auf unseren kommunalen Haushalt und den uns gegenwärtig und damit auch im Haushaltsjahr 2025 beschäftigenden Themen, die da wären, Kinderbetreuung, Musikschule, Stadtausbau, Sport- und Kulturstädten, Nahverkehrsangebote. Ja, Gebühren der Kinderbetreuung mussten erhöht werden. Alleine die Tariflohnerhöhungen fordern uns dies bereits ab. Wir haben versucht es moderat zu gestalten und für Bedürftige Entlastungsmöglichkeiten zu schaffen. Und Nein ich bin hier ehrlich. Keinesfalls steht fest, dass es im kommenden Jahr nicht erneut zu Erhöhungen kommen wird. Natürlich erklärt hier jeder von uns, dass es keinen Gebührenerhöhungsautomatismus geben soll und geben wird. Aber wenn nicht andere Einnahmequellen sprudeln und die Betreuungskosten weiter steigen, dann werden wir auch im kommenden Jahr wieder darüber zu sprechen haben.

Und dabei kann ich mir einen kleinen Seitenhieb auf die Fraktion der Linken nicht verkneifen, es geht nicht darum, dass wir Kinderbetreuung am liebsten Kostenfrei hätten. Wie ich schon sagte, dass hätte ich auch gerne. Aber das wird nicht im Langener Parlament beschlossen. Hier in Langen bedarf es einer Mitarbeit an den Satzungen, mit denen wir versuchen bestmöglich die städtischen finanziellen Interessen mit den Nutzerinteressen zu vereinbaren. Da sind ideologische Grundsatzredebeiträge nicht hilfreich. Denn was ist es schon wert, wenn die Verschuldung weiter steigt, um die Gebühren gering zu halten und es letzendlich diese Kinder, die da betreut werden sind, die diese Schulden dann abbezahlen müssen.

Und wenn wir schon bei der Ehrlichkeit sind, dann wollen wir auch gleich die Grundsteuer ansprechen. Schon heute haben wir in Langen mit den höchsten Hebesatz. Zu Beginn der Haushalsberatungen sind wir mit einem prognostizierten Defizit von ca. 12.8 Mio. in die Beratungen

gegangen. In der Vorausschau steigt dieses Defizit bis in das Jahr 2028 (das ist nicht mehr lange hin) auf 34 Millionen Euro ! Wolle man das Defizit von 12,8 Millionen Euro alleine mit einer Erhöhung der Grundsteuer B ausgleichen, müsste der Hebesatz um 1.025″ Punkte angehoben werden, also fast 2.300 Punkte betragen.

Zum Glück ist uns dies in diesem Jahr erspart geblieben, weil die Stadt noch über so genannte Haushaltsreserven verfügt und ein Finanzplanungserlass uns die Inanspruchnahme erlaubt. Um jetzt aber den geneigten Zuhörer nicht falscher Vorstellungen hinzugeben, muss ich Ihnen sagen, dass die s.g. Haushaltsreserven nicht angesparte Liquiditätsreserven sind, die auf irgendeinem Konto lagern. Nein es sind stark vereinfacht gesagt lediglich „Haushaltsansätze“ aufgrund derer wir entsprechende, sagen wir mal, weitere Schulden machen dürfen. Da aber diese Liquiditätsreserven bereits im nächsten Jahr nicht mehr ausreichen werden, das prognostizierte Haushaltsdefizit zu decken, werden wir dann im nächsten Jahr ganz sicher über drastische Grundsteuererhöhungen sprechen müssen. Eine Steuer, die jeden Bürger in Langen gleichermaßen betreffen wird. Und glauben Sie mir, das tut mir besonders weh, denn die FDP ist

allgemein nicht als Steuererhöhungspartei bekannt.

In diesem Zusammenhang kommt der nächste Schmerzpunkt, der uns in den letzten Wochen und Monaten stark beschäftigt hat. Die Musikschule. Nein, ich nehme es gleich vorweg, niemand hier im Haus, will unsere Musikschule beschneiden oder gar vernichten. Wir alle hier schätzen das vielfältige und hochwertige Angebot. Ich selbst durfte gerade in der letzten Woche an zwei hervorragenden Veranstaltungen, dem Weihnachtskonzert in der Stadthalle und einem Adventskonzert in der Martin Luther Gemeinde teilnehmen. Wie deutlich und offenbar wurde dort die hohe Qualität und Vielschichtigkeit und das große Engagement der Lehrkräfte. Und dennoch werden wir politisch sehr genau prüfen und abwägen müssen in welcher vertrags- und gesellschaftrechtlichen Form wir uns hier zukünftig aufzustellen haben. Wir wollen die Qualität und Angebotsvielfalt einerseits, die tätigen Lehrkräfte andererseits und natürlich unsere Schüler alle beibehalten und dennoch werden wirtschaftliche Erwägungen Veränderungen mit sich bringen müssen, von denen von uns politisch und von den leitenden handelnden Personen neues Denken und neue Visionen abgefordert werden. Aber seien Sie versichert, wir werden alles daran setzen, die

Musikschule als solche mit Ihrer Qualität und Vielschichtigkeit und den von uns wertgeschätzten Lehrkräfte zu erhalten. Dafür steht sicherlich jeder einzelne hier im Raum. Und dennoch werden wir auch hier die finanziellen Auswirkungen berücksichtigen müssen und genau prüfen, was wir uns leisten können und wie wir das was wir uns wünschen erreichen können und auch dies im Sinne unseres Generationenvertrags.

Städtebaulich wird uns der Bahnhofsvorplatz (Stichwort Radschnellwegverbindung}, der weitere Ausbau des Langener Nordens, die Frage einer Schulerweiterung, Schulbetreuung und Kitabauten

beschäftigen. Weiter diskutieren werden wir die Frage eines Straßenbahnanschlusses und dessen Verkehrsführung, sowie die Diskussionen um die RTW zu stemmen haben. Alles Themen die große Kostenblöcke der Realisierung und künftigen Unterhaltung mit sich bringen werden und unsere finanziellen Möglichkeiten für freiwillige Leistungen im Hinblick auf die vorgeschriebene und notwendige Konsolidierung beschränken werden.

Zum Erfordernis des Konsolidierung gehört unserer Ansicht nach auch die Weiterführung und Verabschiedung des Haushaltssicherungskonzeptes, wenngleich dieses in rechtlicher Hinsicht in diesem Jahr gar nicht erforderlich wäre. Im Rahmen unserer Selbstverpflichtung sichert dieses jedoch ebenso unsere Handlungsfähigkeit und erscheint deshalb als notwendig.

Vor dem Hintergrund meiner vorstehenden Ausführungen, waren auch die diesjährigen Haushaltsberatungen historisch. So hat es nahezu keine Haushaltsanträge der Fraktionen gegeben. Von den wenigen, die überhaupt eingebracht wurden, wurden einige sogar nach Beratungen von der antragstellenden Fraktion selbst wieder zurückgezogen. Ein Zeichen dessen, dass der Haushalt, wenn man nicht eine Liste der Grausamkeiten zeichnen wolle, keine uns Politikern erkennbare Einsparpotenziale mehr bietet und zugleich keine Positionen enthält die bloßes Wunschdenken einzelner Interessengruppen erfüllen. Und auch Beteilingungsmöglichkeiten der Nutzergruppen wurden im Rahmen des Zumutbaren ausgeschöpft. Und das Ergebnis führt zu einem wohl genehmigungsfähigen Haushalt.

Deshalb werden wir diesem in Kombination mit der Nachhaltigkeitssatzung und dem Haushaltssicherungskonzept auch zustimmen.

Gespannt bin ich über das gleich folgende Abstimmungsergebnis, da die Grünen im HFA angekündigt hatten uneinheitlich abzustimmen, was sicherlich ebenso historisch ist, bzw. war.

Ich werbe für die Zustimmung zum Haushalt, um die selbstbestimmte Handlungsfähigkeit unserer Stadt zu erhalten.

Lassen Sie mich noch einen abschließenden Satz zu dem Engagement des Bürgerbegehrens/Radentscheid sagen. Wir haben das große Engagement und die dahinterstehenden Inhalte durchaus positiv zur Kenntnis genommen, wenngleich der damit verbundene Antrag aus formellen Gründen nicht durchgreifen konnte. Ich bin aber sicher, dass alle Fraktionen die Grundideen mit aufnehmen und bei den zukünftigen Beratungen der Stadtplanung mit berücksichtigen werden. Ungeachtet der formalen Aspekte, so danken wir Ihnen dennoch für Ihr Engagement.

Im Übrigen danke ich allen politischen Mitstreitern für die konstruktive Zusammenarbeit im abgelaufenen Kalenderjahr, genauso wie den Vertretern des Ausländerbeirats und des Jugendparlaments. Ein besonderer Dank gilt aber den vielen ehrenamtlich Tätigen, den Vereinsvertretern und allen die auch mit eventuell kleinen Beiträgen im Stillen dazu beitragen, dass Langen lebenswert ist und bleibt, sowie denjenigen die zu unserer Daseinsvorsorge beitragen, hierzu stellvertretend den Mitarbeitern der Feuerwehr und den Mitarbeitern des Konzerns Stadt.

Letztlich danke ich den Mitarbeitern der Verwaltung für das konstruktive Miteinander. Besonders Danke ich persönlich den Damen des Gemienmanagements ohne die unsere Arbeit eigentlich nicht möglich wäre.

Vielen Dank.

Uns allen wünsche ich eine friedvolle Weihnachtszeit, wenngleich auch die politischen Situationen gegenwärtig, gleich wo, nicht so richtige vorweihnachtliche Freuden aufkommen lassen wollen.