Nein zum Einheitsbrei in Grau
Langen – Traditionell laden Langens Freie Demokraten am Dreikönigstag zum Neujahrsempfang ins Steigenberger Hotel ein. Diesmal im Fokus: Die Bundespolitik und das Scheitern der Jamaikakoalition sowie lokale Bausünden. Von Leo F. Postl
Ein Stammgast fehlt diesmal: René Rock, mittlerweile zum Landesfraktionsführer avanciert und Spitzenkandidat der Hessen-FDP zur Landtagswahl im Herbst, weilt beim „großen“ FDP-Dreikönigstreffen in Stuttgart. Dafür freuen die Gastgeber sich über den Besuch des hiesigen FDP-Bundestagskandidaten Richard Krüger sowie des Egelsbacher Parteikollegen Axel Vogt, der Mitte Februar Bürgermeister seiner Heimatgemeinde werden will.
Den Reigen der Redner eröffnet Christian Jaensch, der die FDP-Fraktion im Langener Stadtparlament anführt. Sein Kommentar zum Abbruch der „Jamaika“-Gespräche fällt eindeutig aus: „Christian Lindner hat unsere Partei in sehr kurzer Zeit mit sehr viel Engagement aus der Asche erhoben und sie nicht nur wiederbelebt, sondern in der Mitte platziert. Mit sehr viel Mut hat er gerade dieses neue Gesicht der FDP gewahrt und mit seiner Entscheidung dokumentiert, keine Umfallerpartei anzuführen“, betont Jaensch. „Gerade jetzt muss das Festhalten an den Werten, für die die FDP zur Wahl angetreten ist und für die wir sehr viele Wähler – nicht nur aus unseren Reihen – mobilisiert haben, in einer konstruktiven Oppositionsrolle höher bewertet werden als die Frage nach Regierungspartei und -ämtern.“ Diese Einschätzung teilt auch Richard Krüger, Europabeauftragter im FDP-Kreisvorstand.
Den Lokalkosmos nimmt FDP-Ortsverbandsvorsitzender Rolf Diefenthäler aufs Korn – und wie: „Wenn ich die Nordumgehung entlang fahre, geht bei mir die Faust in der Tasche auf – so ein Einheitsbrei von grauen Wohnblöcken“, kritisiert er die Stadtgestaltung – und erhält viel Zustimmung. „Ja, auch wir haben die Beschlüsse mitgefasst, dass dort was entsteht. Aber doch nicht in diesem Stil“, stellt Diefenthäler fest und rät, mal nach Neu-Isenburg zu blicken. „Die machen das ganz geschickt, davon könnte man nicht nur in Langen etwas lernen.“ Explizit spielt der Vorsitzende neben dem dortigen Neubaugebiet Birkengewann auf die anstehende Bebauung des Stadtquartiers Süd an – „dort ist ein Mix aus 60 Prozent Wohnungen und 40 Prozent Gewerbe vorgesehen“.
Das bringt Diefenthäler direkt nach Langen zurück: „Wo ist bei uns noch Gewerbeansiedlung möglich?“, fragt er in Anspielung auf die Bebauung an der Liebigstraße. „Zumindest zur gestalterischen Ausführung der Wohnbebauung werden wir dort unser Veto einlegen“, kündigt er an. „So etwas wie im Norden der Stadt darf sich nicht wiederholen.“
Auch was die „unendliche Geschichte“ Ausbau der Bundesstraße 486 betrifft, wollen die Liberalen Beschleuniger spielen. „Wir werben für Ansiedlungen und gute verkehrliche Infrastruktur, aber die Realität zeigt jeden Morgen und jeden Abend ein anderes Gesicht“, konstatiert Diefenthäler. In diesem Kontext bricht er auch eine Lanze für die Regionaltangente West (RTW). Diese – „für Langen eigentlich schon tot“ – sei wieder eine Option. Zur Streckenführung – es stehen zwei Varianten zur Disposition, eine östlich und eine westlich der bestehenden Bahntrasse – werde es zwar noch viel Diskussionen geben, mutmaßt Diefenthäler, aber: „Grundsätzlich infrage stellen sollte man dieses Projekt nicht. Es könne nicht sein, dass die RTW vor den Toren Langens entweder in Neu-Isenburg oder Buchschlag ende – „das ist eine besondere Chance, die genutzt werden muss“.
Lob spricht Diefenthäler der städtischen Wirtschaftsförderung aus, die gute Arbeit leiste, sein Tadel gilt mangelnden Verantwortlichkeiten: „Die Leihfahrräder finde ich ganz schön, aber müssen die in Blumenbeeten oder Straßengräben herumliegen?“ Seine Partei sieht Diefenthäler gut für die Zukunft aufgestellt, denn: „Wir haben schon den Umbruch zur Verjüngung vollzogen, den andere noch vor sich haben.“
Aus der Langener Zeitung vom 09.01.2018